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NewsBlog _ Rubrik: Leben 4.0

Information vom 13. März 2017

Ein Traditionsverein

Der Club

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Tradition + Zukunft
Auch die Fußballkultur des 1. FC Nürnberg (seit 1900) lässt sich nicht einfach fortsetzen und übertragen. Der Traditionsverein ist bis heute Vize-Rekordmeister hinter dem FC Bayern München und einige Verantwortliche, Freunde und Fans träumen noch immer von längst vergangenen Tagen, anstatt in der Gegenwart anzukommen. Genau genommen haben die Erfolgs- und Meisterteams des Club in 68 Jahren, zwischen 1900 und 1968, 9 Deutsche Meisterschaften und 3 Pokalsiege, also 12 Titel erzielt. So folgte durchschnittlich alle 5 bis 6 Jahre ein weiterer Titel. In der Folgezeit, von 1968 bis 2017 (fast ein halbes Jahrhundert) konnte der Traditionsverein nur 2007 noch einmal das DFB-Pokal-Turnier für sich entscheiden, befindet sich im sportlichen Winterschlaf und kickt aktuell "zweitklassig". Bedenkt man, dass der Club erst 1987 seine Stellung als Deutscher Rekordmeister an den FC Bayern München abgeben musste, kann man vielleicht verstehen, weshalb die treuen Gesellen der passiven Mitglieder und Anhänger seit rund 30 Jahren auf die Fortsetzung des früheren Titelaspiranten warten. Doch dies ist sehr unwahrscheinlich.

Altlasten, Ladenhüter und Auslaufmodelle
Diese Treue wäre typisch und nicht ungewöhnlich, für eine rückwärtsorientierte, veraltete, konservative Struktur. Man träumt von Vergangenem, verehrt Legenden, huldigt den Denkmälern und Altstars, Idolen, Helden und Vorbildern. Schnell wird vergessen und verdrängt, dass die damaligen Innovationen und Highlights, wie auch Telefone mit Wählscheibe, Kleinbild-Filme für die Fotokamera, Videokassetten, Floppydiscs, Röhrenfernseher, die klassische Glühbirne, Schreibmaschinen […] längst Oldtimer sind und entweder nicht mehr in die Zeit passen, überholt sind, ersetzt oder abgeschafft wurden oder als Erinnerung im Keller oder auf dem Dachboden verstauben. Nur in wenigen Fällen können sich alte Traditionen noch heute erfolgreich behaupten. Ein Traditionsbruch kann durchaus die logische Folge einer modernen Entwicklung und Auffassung sein und vergangene Erfolge zum Wunschdenken verkommen lassen. Auch wenn man bereit ist, sich auf den Weg in die Zukunft zu machen, muss man ja nicht automatisch die Erfolge und Geschichten der Vergangenheit ablehnen.

Es war einmal
Symptomatisch ist beispielsweise die Unkenntnis vieler Details. Insider kennen vielleicht noch die Namen der Meisterspieler der letzten Deutschen Meisterschaft 1967/68, meines Vaters Heinz Strehl, Roland Wabra, Gyula Tóth, Ferdinand Wenauer, Helmut Hilbert, Horst Leupold, Ludwig Müller, Gusto Flachenecker, Fritz Popp, Franz Brungs, Georg Volkert, Karl-Heinz Ferschl, Zvezdan Čebinac, Hubert Schöll, Gustl Starek, Horst Blankenburg oder Trainer Max Merkel […], erinnern sich natürlich an Max Morlock ebenso, wie Dieter Nüssing, interessierte "Follower" kennen vielleicht noch die Namen der verantwortlichen Vorstände und Geschäftsführer […] aber die Mitspieler der Fußball-Legenden Heiner Stuhlfauth, Hans Kalb oder Eduard Schaffer bleiben meist unbekannt. Zudem ist der Club bis heute z.B. keine zukunftsweisende Kapitalgesellschaft, agiert nicht progressiv, zielsicher und erfolgreich, sondern hält verbissen am "eingetragenen Verein" fest, der längst keiner Gemeinnützigkeit mehr folgt und immer alle Abteilungen um Verständnis und Genehmigung bitten muss. Bezeichnend nennt der heutige Vorstandsvorsitzende Michael Meeske diese Option schlicht "e.V.olution" und bildet mit Gremien und Fans eine Arbeitsgruppe. Sicher neigt das menschliche Gehirn zur Gewohnheit im Energiesparmodus ohne Aufwand und Kreativität. Durchschnittliche, regressive Leidenschaften werden aber weder das Potential einer kollidierenden, mutig innovativen Ausrichtung entfalten können, noch die gesellschaftliche Gesamtentwicklung und den Fortschritt gewaltsam aufhalten können. Wenn "unser Club" sich nicht vorwärts bewegt, werden uns andere Vereine problemlos überholen.

lat. trauere = hinüber-gehen
Die Anpassung an aktuelle oder sogar zukünftige Prozesse, der Transfer und Wechsel, basierend auf einer Tradition, sinnvoll, richtungsweisend und wettbewerbsfähig in der Zukunft, sind die kontinuierlichen, evolutionären Aufgaben eines lebendigen Organismus, um nicht als Staubfänger wiederentdeckt oder als Folklore mit Ritualen und Brauchtum der Vergangenheit abgestempelt zu werden. Das Übliche, Typische und Gewohnte bedarf einer klaren und möglichst zeitnahen, konsequenten Interpretation. e.V.olution ist letztendlich die Verbalisierung des bestehenden Debakels, das die Fans des Traditionsvereins durch Ausmerkeln und in Stein gemeißelte Geschichtsschreibung zu erhalten versuchen. Das wird und kann nicht funktionieren. Die Übergabe, der Transfer und die Fortführung des sportlichen Erfolges leiden jedenfalls sehr unter dem inzwischen verblassten Filz, dem spielerischen Unvermögen und einer kontraproduktiven, epochalen Abwehrhaltung, die eine internationale oder anerkannte Teilnahme in der ersten Bundesliga verwehrt. Logisch. Tradition bildet die Basis für die Zukunft, muss diese aber auch ermöglichen, um nicht wie das Handwerk des Bäckers, des Schreiners, des Baders, des Köhlers, Schusters, Typografen, Schriftenschneider oder Lithografen in den Annalen und Geschichtsbüchern zu verschwinden. Die Zukunft des Fußballs und die Faszination des Spiels muss markt-, menschen-, ziel- und wettbewerbsorientiert realisiert werden. Nur so hat diese Tradition auch eine zielführende Zukunft.

Renaissance, Aufklärung, Kulturwandel oder Reanimation?
Die Wiedergeburt des Mythos, die Fortführung der Tradition oder das Bemühen um den Erhalt der Grundwerte, mit denen man eigentlich nicht mehr oder weniger als das Streben nach weiteren Titeln meint, lässt sich aber kaum heraufbeschwören. Auch die wörtliche Übersetzung einer erfolgreichen Idee lässt sich nicht einfach positionieren: "They but preserve the ashes, thou the flame, True to his sense, but truer to his fame …". Ewige Treue, ein probater, historischer Kult ist noch kein funktionsfähiger Generationenvertrag. Evolution bedeutet auch, dass "nicht angepasste, nicht erfolgreiche Systeme" aussterben werden. Die Kunst, erfolgreich sein zu können ist eine Mischung aus Vergangenheitsbewältigung, Nachhaltigkeit und Best Practice, die sich an sinnvollem Zeitgeist, Management und Führung orientieren. "Aus Erfahrung Gut" kann schnell verschwinden und nichts ist so richtig, wie der gute alte Deutsche Bank-Claim: "Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen". Mögen die Spiele beginnen ...

Die Legende lebt
Google, Apple, Amazon, PayPal oder Starbucks sind einige der neuen Stars der Geschichtsbücher, von denen man sich in jedem Fall erfolgreiche Strategien abschauen kann, von denen letztendlich auch die zehn erfolgreichsten Fußballvereine der Welt (FC Barcelona, Real Madrid, Manchester United, FC Bayern München, AC Milan, FC Porto, Juventus, AFC Ajax, Liverpool und Chelsea) profitieren. Wir leben in einer globalisierten Welt, die man alleine in Nürnberg und Umgebung nicht regional bzw. positiv entscheiden kann. Auch die schönste Nebensache der Welt ist nur mit Paradigmenwechsel, Prozessoptimierung, Profession, Professionalität und innovativen Konzepten darstellbar – und natürlich auch mit Identifikation, Fanclub, Begeisterung und Leidenschaft, die auf einer langen Tradition basieren. Ich möchte die aktuelle Situation trotzdem positiv und optimistisch bewerten und der Marke, den Spielern und den Funktionären des 1.FCN als Traditionsverein auf ihren Weg mitgeben: Es gibt nur einen Club!

Die 9 Deutschen Meistermannschaften fürs Archiv:
[1] 13. Juni 1920:
Germania-Platz in Frankfurt
1. FC Nürnberg : SpVgg Fürth 2:0 (1:0)
35.000 Zuschauer
11 Freunde: Stuhlfauth, Bark, Steinlein, Kugler, Kalb, Riegel, Strobel, Popp, Böß, Träg, Szabo
[2] 12. Juni 1921:
DSC 99-Platz in Düsseldorf
1. FC Nürnberg : BFC Vorwärts 90 Berlin 5:0 (3:0)
27.000 Zuschauer
Stuhlfauth, Bark, Kugler, Grünerwald, Kalb, Riegel, Strobel, Popp, Böß, Träg, Sutor
[3] 9. Juni 1924:
Grunewaldstadion in Berlin
1. FC Nürnberg : Hamburger SV 2:0 (1:0)
30.000 Zuschauer
Stuhlfauth, Bark, Kugler, Schmidt, Kalb, Riegel, Strobel, Hochgesang, Wieder, Träg, Sutor
[4] 7. Juni 1925:
Frankfurter Waldstadion
1. FC Nürnberg : FSV Frankfurt 1:0 n.V. (0:0)
40.000 Zuschauer
Popp, Kugler, Schmidt, Kalb, Riegel, Strobel, Wieder, Hochgesang, Träg, Sutor
[5] 12. Juni 1927:
Grunewaldstadion in Berlin
1. FC Nürnberg : Hertha BSC Berlin 2:0 (1:0)
50.000 Zuschauer
Stuhlfauth, Popp, Winter, Schmidt, Kalb, Köpplinger, Reinmann, Hochgesang, Schmitt, Wieder, Träg
[6] 21. Juni 1936:
Poststadion in Berlin
1. FC Nürnberg : Fortuna Düsseldorf 2:1 n.V. (1:1)
45.000 Zuschauer
Köhl, Billmann, Munkert, Übelein I., Carolin, Oehm, Gußner, Eiberger, Friedel, Schmitt, Schwab
[7] 8. April 1948:
Stadion Köln-Müngersdorf
1. FC Nürnberg : 1. FC Kaiserslautern 2:1 (2:0)
70.000 Zuschauer
Schaffer, Uebelein I., Knoll, Bergner, Kennemann, Gebhardt, Herbolsheimer, Morlock, Pöschl, Winterstein, Hagen
[8] 24. Juni 1961:
Niedersachsenstadion in Hannover
1. FC Nürnberg : Borussia Dortmund 3:0 (2:0)
82.000 Zuschauer
Wabra, Derbfuß, Hilpert, Zenger, Wenauer, Reisch, Flachenecker, Morlock, Strehl, Müller, Haseneder
[9] 24. Juni 1968:
Saison 1967/1968: Platz 1, 47:21 Punkte, 71:37 Tore
Die Deutsche Meisterschaft wurde am vorletzten Spieltag beim FC Bayern München mit einem 2:0-Sieg (Torschützen: Franz Brungs, Heinz Strehl) besiegelt. Dies war auch die erste Saison, in der ein Spieler während eines Spiels gewechselt werden durfte. 1968 bis 1994 waren es dann zwei. Ab 1995/96 konnten bis zu drei Spieler pro Verbandsspiel gewechselt werden.
Die damaligen Legenden: Wabra, Toth, Leupold, Popp, Hilpert  Müller L., Wenauer, Ferschl, Cebinac, Strehl, Brungs, Müller H., Volkert, Starek, Schöll
Das war die bislang letzte Deutsche Meisterschaft mit 7:3-Sieg über den FC Bayern München.

Die 4 Deutschen Pokalsiege fürs Archiv:
[1] 8. Dezember 1935:
Rheinstadion in Düsseldorf
1. FC Nürnberg : FC Schalke 04 2:0 (0:0)
56.000 Zuschauer
Köhl, Billmann, Munkert, Übelein I, Carolin, Oehm, Gußner, Eiberger, Friedel, Schmitt, Spieß
[2] 28. April 1940:
Olympiastadion in Berlin
1. FC Nürnberg : Waldhof Mannheim 2:0 (0:0)
60.000 Zuschauer
Köhl, Billmann, Uebelein I., Luber, Sold, Carolin, Gußner, Eiberger, Übelein II., Pfänder, Kund
[3] 29. August 1962:
Niedersachsen-Stadion in Hannover
1. FC Nürnberg : Fortuna Düsseldorf 2:1 n.V. (0:0, 1:1)
41.000 Zuschauer
Wabra, Derbfuß, Hilpert, Flachenecker, Wenauer, Reisch, Dachlauer, Haseneder, Strehl, Wild, Albrecht
(PS: Richard Albrechts damalige Frau Inge ist meine Patin)
[4] 26. Mai 2007:
Olympiastadion in Berlin
1. FC Nürnberg : VfB Stuttgart 3:2 n.V. (1:1, 2:2)
74.400 Zuschauer
Schäfer, Reinhardt, Wolf, Nikl (73. Spiranovic), Pinola (115. Banovic), Galasek, Kristiansen, Engelhardt, Mintal (35. Polak), Saenko, Schroth

Zitat des Tages

„Der springende Punkt hat es oft schwer, sich gegen schlagende Argumente durchzusetzen.”

Siegfried Wache
Bemerkung der Redaktion

Schlagende Argumente können beinahe jede These widerlegen und den "Springenden Punkt" verhindern. Konzentrieren Sie sich daher immer auf das Belegbare.

Schrift des Tages

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