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NewsBlog _ Rubrik: Kommunikation
Information vom 11. März 2020Quantensprung
Ein physikalischer Widerspruch
Unter einem gigantischen Sprung versteht der normale, marketing-verseuchte Kommunikations-Lemming im 21. Jahrhundert einen epochalen Satz, der zukunftsweisend Fortschritt als Superlativ versteht und das langweilige Vergangene durch das einzigartig Neue ersetzt. Das Januswording nimmt fälschlicher Weise eine besondere Leistung, wie die der Weitsprung-Lichtgestalt Bob Beamon, in Anspruch, der bereits am 18. Oktober 1968 mit seinem Weltrekordsprung erst nach 8,90 m im Sand aufschlug. Erst 1991 hat Mike Powell, mit einer kleinen Verbesserung, den Rekord auf 8,95 m erhöht und die Menschheit wartet bislang vergeblich auf den 9-Meter-Sprung. Beinahe die gleiche Menschheit, die am 21. Juli 1969 im Rahmen der Weltraummission Apollo 11 vom beinahe unbeholfen wirkenden kleinen Step von Neil Armstrong als „Giant leap for mankind“ aus der Weite des Universums erfuhr. Quantensprünge?
Der Begriff Quantensprung basiert auf dem Bohrschen Atommodell und der von Max Plank eingeführten Energiequanten-Anschauung, die im Mikrokosmos plausibel darstellten, dass in der Natur die Abläufe wohl nicht kontinuierlich zu sein scheinen. Der „Sprung“ im nicht sichtbaren Bereich der Geringfügigkeit wurde daher auch als Übergang oder „transition“ abstrahiert. Das Sprunghafte der ursprünglichen Sichtweise und Interpretation der Quantenmechanik mutierte zunehmend und unter Einfluss neuer Erkenntnisse zur Zustandsveränderung. Unberührt davon wurde der Siegeszug, der von der Werbebranche und ehrgeizigen Unternehmen geführten Leistungsexplosion, fortgeführt und qualitativ sehr große Fortschritte als wahre Quantensprünge betitelt. Wurde diese Transformation damals noch vom Undenkbaren und bislang Unmöglichen geprägt, so grundlegende Veränderungen plakativ gewürdigt oder zumindest ein weiterer „Urknall“ ein Nudging aktiviert, scheint sich heute jeder bemerkenswert aufgeblähter Furz mit einem Quantensprung zu verbreiten, der noch nicht einmal den Gestank des Wettbewerbs erreicht. Fakt ist: Ein Quantensprung ist nicht sehr groß, sondern sehr klein.
Längst bemerkt und nicht beseitigt
Die vielleicht beste ZEITung des Landes, die ZEIT hat am 3. Mai in der Ausgabe 19 des Jahres 1996 die „sprachlichen Dummheiten“ mit „Der Quantensprung: die zweifelhafte Karriere eines Fachausdrucks“ betitelt und das Quantenspringen auch mit einer evolutionären Mutation verglichen. Im Rahmen dieser wunderbaren Darstellung wird auch klar, dass das Phänomen nicht nur winzig ist, sondern auch in sehr kurzer Zeit abläuft, während im täglichen Leben meist jahre-, jahrzehnte-, jahrhunderte-, jahrtausende[...]lang an einem Zustand laboriert wird, bis dieser sich tatsächlich verändert.
Daher verbleibe ich mit der persönlichen Bitte, das Besondere nicht inflationär, exponentiell, gigantisch oder explosiv als Superlativ darzustellen, der alle Ketten sprengt oder das Bisherige scheinbar unendlich transformiert, sondern Entwicklungen demütig und auch große Sprünge als das ganz Normale, vielleicht außergewöhnlich Bemerkenswerte, auf dem Weg zum Ziel dokumentiert. So, wie es nur einen einzigen Urknall gab, nur einen ersten Entdecker oder Erfinder, ein Unikat [...] der uns bekannten Menschheitsgeschichte, so sollten auch persönliche Glücksmomente, positive Entwicklungen oder selbst gesellschaftliche, unternehmerische oder politische Paradigmenwechsel nicht als Quantensprünge bezeichnet werden. Unter Berücksichtigung des Lebens im Universum erscheint der Versuch wichtig und groß sein zu wollen tatsächlich ein wenig vermessen.